Friday, 14. July 2006

Taiwan - July 8-12

Ich hatte mir eigentlich nicht so viele Hoffnungen gemacht, dass ich die Tochtergesellschaften auch vor Ort sehen kann...

Aber als ich vor einigen Wochen mit meinen beiden Projektleitern Arnd und Jimmy über die Präsentation der Ergebnisse für Taiwan sprach, schlug Arnd vor, mich für die Präsentation vor Ort auch mitzunehmen ;). Nach einigen Tagen Wartezeit kam dann das OK vom Marketingleiter und ich durfte tatsächlich mit nach Taiwan !

Mein erster Businesstrip (obwohl , eigentlich war das ja schon die Fahrt nach Singapore....) ging am Samstag los....
Um 12 traf ich Jimmy und Arnd am Flughafen Changi und dann ging’s mit Singapore Airlines Richtung Taipeh – ob ihr’s glaubt oder nicht, mein Kollege hat sich sogar fast noch entschuldigt, dass wir den 5-stündigen Flug nicht in der Business Class verbracht haben .. wie schade ;-p, aber doch total egal, wenn das Ziel stimmt. ....

Und das war der Chiang-Kai-Check-Flughafen, wo wir von einem Fahrer unsers Hotels in Empfang genommen wurden. Irgendwie komisch, sich keine Gedanken um irgendetwas machen zu müssen.

Die Fahrt vom Flughafen zu unserem Hotel in Taipeh dauerte ca. 1. Stunde, genug Zeit für ein paar erste Eindrücke:

Der erste Teil der Strecke führte durch ein Industriegebiet: Alles sah nur halb fertiggestellt, aber irgendwie auch etwas heruntergekommen aus und die Gebäude haben mich sehr an Eisenhüttenstadt und den Teil der Frankfurter Allee erinntert, der früher Stalinallee hieß ... natürlich waren überall chinesische Zeichen, ich habe so gut wie kein Englisch zu sehen....
Dann wurde es etwas bergiger, lauter mit dunkelgrünen Wäldern bewachsene gipfel tauchten vor und neben uns auf und ein paar Tempel (oder so) waren auch zu sehen.
Und dann sahen wir auch ein bisschen von der Stadt. „Taipei 101“, das mit 508 m angeblich höchste Gebäude der Welt war auf jeden Fall nicht zu übersehen - es sieht aus wie Bambus ... richtiggehend hübsch.
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Nach der Ankunft habe ich erstmal mein Zimmer in Augenschein genommen, es war das erste Mal, dass ich in so einem Hotel übernachtet habe; mit großem Badezimmer, Schreibtisch und netter Aussicht auf die Rückseite der anderen Wohnhäuser, die Berge in der Ferne, startende und landendene Flugzeuge und ein Riesenrad .....

Da es schon abends war, beschlossen wir auf einen der vielen Nightmarkets zu fahren, um ein bisschen Atmosphäre zu schnuppern.

Schnuppern konnte man die Atmosphäre ziemlich gut, gleich am Anfang des Markts gab es einen Stinky-Tofu-Stand....
Stinky oder smelly tofu ist eine Spezialität Taiwans und der Name sagt eigentlich schon alles. Er riecht einfach nur widerwärtig!
Eigentlich hatte ich mir ganz festgenommen, diese Leckerei zu kosten, aber der Gestank brachte mich nicht näher als 2m an den Stand heran ....
Bloß schnell weg ... zu den unzähligen Jeans-, Schuh- und Parfümläden- und –ständen ... zügig vorbei an den Uhrenständen, wo die Verkäufer (wie in Singapur) zum Beweis der Qualität mindestens 3 Wecker auf Daueralarm gestellt hatte ...
Ein irrwitziger Lärm, jede Menge Menschen, die auf uns zu und an uns vorbei strömen ... auch jede Menge kinder, die sich um die Stände scharen, wo man aus Plastikbecken kleine Schildkröten und Fische fangen kann – und das um 11 Uhr nachts....

Zu essen gab es HotPot –sowas wie taiwanesisches Fondue – da ich leider kein taiwanesisch kann, weiß ich nicht so ganz genau was drin war. ... ich glaube, aber dass es Tofu war ...auf jeden Fall schaaaarf --naja, überlebt habe ich’s ;)
Nach erfolgreichem Einkauf (Parfüm, Schuhe für Arnd, Hosen für seinen Sohn ) und einer Tee-Test-Runde gings zurück ins Hotel und endlich ins Bett....
Hot-Pot-in-Taipei

Sonntag
Eigentlich hatten wir ja ein bisschen für die Arbeit zu tun, aber zumindest den halben Sonntag hatten wir für Sightseeing eingeplant . John, ein amerikanischer Kollege in Taiwan, hatte uns ein Besichtigungsprogramm zusammengestellt:

Zuerst fuhren wir (Arnd und ich) zum Chiang-Kai-Check-Memorial , einer riesigen, monumentalen Stätte zum Andenken an Chiang-Kai-Shek ( mehr über den „guten“ Mann: http://de.wikipedia.org/wiki/Chiang_Kai-shek ), die mit ihren blauen Dächern auf den ersten Blick nicht nur sehr chinesisch, sondern auch sehr alt aussieht. Aber das täuscht: sie ist nicht viel älter als 25 Jahre… Der ganze Komplex besteht aus einem Park, in dem 2 Kulturstätten, die auch täuschend nach alten Tempeln aussehen und einer riesigen weißen Gedenkgebäude, in dessen oberem Teil eine riesige Halle ist, in der sich widerum eine sehr große Statue von Chiang-Kai-Shek befindet.
Gerade als ich überlegte, aus welchem Grund uns John hierher geschickt und den Wachwechsel empfohlen hatte, sah ich warum: 3 Soldaten marschierten in die nach Norden offene Halle ein und wechselten mit ihren Kollegen. An sich unspektakulär, zumal ich nicht soviel fürs Militär übrig habe… aber dann ging’s los: Zuerst knallten sie ihre Gewehre rhythmisch auf den Boden und dann wirbelten sie sie mindestens 15 min synchron (!) um ihre Arme, ihren Körper und durch die Luft - und das ohne (hörbare) Musik . Fast ein wenig gespenstisch, aber auf jeden Fall sehr beeindruckend….Auch wenn die Halle offen war, wir bekamen an unserem Platz so wenig Wind ab, dass wir nach der „Vorführung“ völlig durchgeschwitzt waren und froh waren, über das weitläufige Geländer zur MRT (der Bahn) spazieren zu können.
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Die brachte uns usnerem nächsten Ziel etwas näher: dem National Palace Museum.
Was das ist? Meines Wissens eine der größten Ausstellungen (gesamt-)chinesischer Kunst und Geschichte, die es so nicht einmal in China zu sehen gibt. Einfacher Grund dafür: Das Museum war ursprünglich in China, ist aber während des zweiten Weltkriegs
nach einer abenteuerlichen Odysee in Taipeh gelandet ….
Die Ausstellung umfasst wohl so viele Stücke, dass erstens nie alle gleichzeitig ausgestellt werden und sie zweitens ständig umgebaut wird. Manche Stücke sollen wohl nur alle 10-15 Jahre zu bestaunen sein ....
Wir schnappten uns einen AudioGuide und folgten John’s Empfehlung uns das Porzellan anzusehen:

Stellt euch vor, ihr steht vor über 1000 Jahre alten, chinesischen Vasen und Schüsseln und denkt: „Hab ich das nicht schon mal bei Ikea gesehen…?“ Das erstaunlichste war für mich, wie banal das Geschirr aussah, man hatte das Gefühl, bunt verzierte Schalen schon tausendmal gesehen zu haben … „und das soll so toll sein?“ Die Beschreibungen der Dynastien und der Kaiser gab es zwar auf auf Englisch, aber das sagte mir überhaupt nichts: Ming, Qu’ing, Hü-an .... Es war wirklich, wie in eine fremde Welt abzutauchen und für die ganzen Leute um uns herum wahrscheinlich ganz normal.

Aber auch ohne die Texte eingehend zu studieren, konnten wir dort fantastische Meisterwerke bestaunen: Ganz besonders beeindruckt haben mich ein beheizbarer Tuschestein, ein täuschend echtes Stück Fleisch und ein Salatblatt mit Grashüpfer aus Jade und ein Boot, das aus einem Olivenkern geschnitzt war, auf dessen Unterseite zudem ein chinesisches Gedicht festgehalten war....
Fotos waren da leider nicht erlaubt, und damit das keiner der Besucher vergisst, hat das Museum eigens dafür Wärter, die mit einem Schild, auf dem eine durchgestrichene Kamera zu sehen, durch die Ausstellungsräume laufen – da hat’s mir ja schon ein bisschen in der Hand gezuckt....

Gediegen essen

Nachdem wir innerhalb von knapp 2 Stunden ca. 8000 Jahre chinesischer Geschichte auf uns niederprasseln haben lassen, wurde es Zeit für eine Stärkung. Auch daran hatte unser Kollege gedacht und uns ein Restaurant im Grand Hotel empfohlen.

Der Name des Hotels ist ziemlich zutreffend, das Haus ist einem riesigen 14-stöckigen chinesischem Palast nachempfunden, mit ebenso riesigen roten Säulen und allem erdenklichen chinesischen Schnickschnack... Wenn man durch Taiwan fährt, kann man das Hotel gar nicht übersehen...Liegt direkt an einem dunkelgrün bewaldetem Berg und gewährt natürlich einen fantastischen Ausblick auf Taipeh.
Gegessen haben wir Dim-Sum, Teigtaschen und Reiskuchen – seeehr lecker. Der Tee – Iron Goddess- war eben so lecker, nur leider habe ich nicht herausbekommen, was das für ein Tee war.
Grand-Hotel

Zum Abschluss entschieden, wir uns noch zum Märtyrerschrein hinüberzufahren (bei der Hitze ein sehr passender Name), ein netter Taiwaner namens Ben hat uns in seinem Auto mitgenommen, denn Taipeh ist mindestens genauso fußgängerunfreundlich wie Singapore.
Ein sehr netter Tempel/Schrein/wasauchimmer ... nur war die Hitze doch sehr groß, so dass wir sehr froh waren, wieder ins klimatisiserte Hotel zurückzukehren und für das WM-Finale vorzuschlafen.
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Am Montag hieß es dann richtig arbeiten (obwohl wir nachts noch aufwaren, um das WM-Finale zu gucken und in Arnd’s Geburtstag hineingefeiert haben), um die Präsentationen für Dienstag vorzubereiten ...
Aber für eine zünftige Geburtstagsfeier am Abend hatten wir dann doch Zeit: Es ging in ein echtes japanisches Restaurant, wo sogar die karte auf japanisch war: schön für mich, weniger schön für Arnd und Jimmy, aber mit Hilfe des Restaurantbesitzers haben wir dann ein nettes Menü zusammengestellt:
Shabu-shabu (Rindfleisch-Fondue), Sashimi, Sushi, ein ganz gebratener Fisch, dessen Kopf inklusive Augen Jimmy vorzüglich geschmeckt hat und natürlich warme Sake...

Der Dienstag war komplett für die Präsentationen reserviert, was sehr spannend für mich war: zu sehen, wie Amerikaner, Deutsche und Chinesen/Taiwanesen auf Kritik bzw. Empfehlungen reagieren – die Reaktionen reichten von Dankbarkeit, Trotz, versteckter Ablehnung bishin zu Resignation. Am Ende waren wir alle froh, dass es erstmal vorbei war... Arnd verabschiedete sich wieder Richtung Berlin, Jimmy hatte noch einen Termin, also hatte ich ein bisschen freie Zeit, um feststellen zu können, dass mein Laptop nicht mehr funktionierte ;-(((((.

Irgendwann kam Jimmy wieder zurück und wir entschlossen trotz der Müdigkeit zu einem weiteren Night-Market- Besuch,
wo ich dann endlich Stinky Tofu probieren durfte. Und es schmeckt tatsächlich gar nicht so schlecht, wenn man es erst mal geschafft hat, den Geruch zu ignorieren.

Vor dem Rückflug Mittwoch mittag machten Jimmy und ich noch einen kurzen Abstecher zum Taipei 101, dem wohl noch immer höchsten Gebäude der Welt mit dem schnellsten Fahrstuhl der Welt.
Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich die ganzen Rekorde nicht so beeindruckend fand. Wahrscheinlich macht es ab einer bestimmten Höhe keinen Unterschied mehr, die Häuser und Autos unten sehen immer noch ungefähr genauso klein aus. Einen schönen Ausblick hatten wir dennoch vom 508m hohen Bambusstab, obwohl sich so langsam dicke, weiße Wolken in unsere Sicht drängten. Kaum waren wir auf der Außenplattform, fing es dann auch an zu regnen, was aber nicht störend, sondern eigentlich sehr schön war, zumal der durch die Metallstäbe pfeifende und tönende Wind dem Namen Taipei („Nordwind“, wenn ich das richtig übersetze) alle Ehre machte.

Und dann gings wieder auf zum Chiang-Kai-Shek-Flughafen, um letzte Souvenirs und Kekse für Kollegen und die Familie kaufen und über eine letzte Besonderheit Taiwans zu stolpern, die ich bisher noch gar nicht erwähnt habe: Überall auf dem Flughafen begegnet man Stewardessen von China Airlines, aber blickt man auf die Anzeigetafel, gibt es keinen einzigen Direktflug nach Festlandchina. Jeder, der von Taiwan nach China will, muss über andere Städte wie Hongkong fliegen. Erst letzte Woche gab es wohl einen der ersten Direktflüge zwischen den beiden Ländern nach mehreren Jahrzehnten ! (Kommt einem doch irgendwie bekannt vor....)

Auch in Taiwan lasse ich einen großen Koffer voller Wünsche zurück: Ich hätte gerne in einer der kalten Quellen gebadet, das Meer gesehen, mehr Tempel und vor allem den Süden und das Zentrum Taiwans sehen wollen.
Auf jeden Fall bin ich meinen Kollegen sehr dankbar, dass sie mir diesen Einblick in chinesische/taiwanesische Kultur und Arbeitsweise ermöglicht haben !

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